FREITAG, 10.05.19

Erstaunlich, es ist schon wieder Freitag. Die Woche an der Backen Skola sollte nun auch schon wieder ihrem Ende zu gehen. Den letzten Tag wollten wir nochmal in der Klasse von Anna, unserer Mentorin, verbringen. Die Stimmung in der Schule war heute etwas bedrückt, da leider kein schönes Ereignis bevorstand. Es gab einen Trauerfall innerhalb der 6. Klasse und an diesem Tag sollte am Nachmittag die Beisetzung stattfinden. Die Schule endete aufgrund dessen an diesem Tag auch früher.

In einer kurzen Stunde sollten die Kinder in einem Quiz Fragen zum aktuellen Zeitgeschehen in Schweden und der Welt beantworten. Jenes Prozedere wird jeden Freitag durchgeführt. Die Kinder werden angehalten im Laufe der Woche Kindernachrichtensendungen zu Hause zu sehen, um über das Zeitgeschehen im Bilde zu sein. Nach dieser Stunde stand für die Klasse eine Stunde Musikunterricht an. Da die Klasse keine Musikklasse ist, gestaltete sich die Musikstunde auch etwas anders. Jedes Kind hatte eine Art Vortrag zu seinem Lieblingslied vorbereitet. Alle Aufgaben dazu erhielten die Kinder über die Software googleclassroom. Die Präsentation erfolgte nicht vor der gesamten Klasse, sondern in Kleingruppen. Mittels „Youtube“ wurde den Mitschülern die Musikvideos vorgestellt und ein kurzer Vortrag gehalten bzw. die Fragen, die die Lehrerin als Stütze gegeben hatte, abgearbeitet. Innerhalb der Gruppe sollten sich die Kinder ein Feedback zu ihren Ausarbeitungen geben. Die Kriterien wurden vorher vereinbart. 

Den Tagesabschluss sollte heute der Mathematikunterricht bringen. Nach einer Runde Biltzrechnen im Bereich des kleinen Einmaleins, haben die Kinder ihre Ergebnisse in einem Diagramm eingetragen. So können sie ihre Ergebnisse gut vergleichen und schauen, ob eine Entwicklung erfolgt. Auch im Mathematikunterricht wird viel mit neuen Medien gearbeitet. So zeigte die Lehrerin den Schülern zur Einführung in das neue Thema eine Art „Mathekrimi“. Dieser Film besteht aus mehreren Episoden und betrachtet immer einen mathematischen Schwerpunkt. Hierbei geht es auch um die praktische Anwendung im Alltag. Das Ganze verpackt in einer spannenden Story. Für einen Einstieg in jedem Fall motivierend! Aufgrund der fehlenden Zeit konnte das Thema leider nicht weiter betrachtet werden. Für die Schüler/innen war nun der Schultag beendet.

Auch für uns neigte sich der Tag dem Ende zu. Es war Zeit für ein letztes Meeting mit Anna. In einem einstündigen Gespräch reflektierten wir noch einmal die Woche und zogen Vergleiche zwischen dem deutschen und dem schwedischen Schulsystem. Anna zeigte uns Kriterien auf deren Grundlage die Kinder eine Einschätzung erhielten. Zwei Mal im Jahr finden auch Expertengespräche zwischen Schülern – Lehrern- und Eltern statt, in dem der Leistungsstand reflektiert und neue Ziele für die Weiterarbeit gesetzt werden. Das System ohne Benotung funktioniert aus Annas Sicht sehr gut. Nach einem interessanten Gedankenaustausch boten wir Anna an, in jeden Fall in Kontakt zu bleiben. Die Schüler/innen könnten sich gegenseitig E-Mails schreiben. Natürlich wäre auch eine Hospitation durch die Kollegen der Backen Skola bei uns denkbar. Mal sehen, was daraus wird. Dankbar für die Organisation der gesamten Woche, verabschiedeten wir uns von Anna.

Etwas wehmütig verließen wir die Schule und machten uns auf den Weg zum Flughafen. Der Flieger sollte uns am Nachmittag wieder zurück nach Stockholm bringen.

 

Ein Dankeschön geht an alle Kollegen der Backen Skola für ihre Offenheit, uns ihre Arbeit näher zu bringen. Es war eine sehr interessante und erlebnisreiche Woche. 

Fazit:

Die Hospitationswoche zeigte uns, dass sich die Arbeit an unserer Schule nur sehr wenig von der der schwedischen Backen Skola unterscheidet. Die Unterrichtsmethodik- und gestaltung hängt sehr von der Lehrkraft ab. Auch die Schweden sind in Sachen Bildung immer noch auf der Suche nach dem „richtigen Weg“. Vieles wurde in den vergangenen Jahren ausprobiert und auch genauso schnell wieder verworfen. Für die Lehrkräfte ist dieser Zustand auch sehr unbefriedigend. Zudem scheinen das Ansehen und der Respekt gegenüber Lehrpersonen in der Gesellschaft immer weiter zu sinken. So sind auch dort respektlose Schüler, aber auch Eltern, ein zunehmendes Problem.

Als überaus positiv werte ich, dass Bildung für jedes Kind kostenfrei ist. Die Eltern bezahlen weder für die Schulmaterialien (vom Bleistift bis zum Schulbuch ist alles kostenfrei) noch für das Mittagessen in der Schule. Alle Schüler/innen erhalten in der 6. Klasse einen Laptop, den sie bis zur 9. Klasse für Unterrichtszwecke nutzen. Die Chancengleichheit ist hier von vornherein schon viel höher als in Deutschland.

Ein weiterer Vorteil ist aus meiner Sicht auch das verbindliche Vorschuljahr für alle sechsjährigen Kinder. In diesem Jahr kann man alle wichtigen Vorläuferfähigkeiten spielerisch ausbilden. Für den Schuleintritt ist das aus meiner Sicht ein großer Gewinn.

Auch medial sind uns die Schweden um einiges voraus. Neue Medien wurden in jedem Unterrichtsfach (auch Sport) überaus vielfältig genutzt. Und obwohl sich die Schule medial schlecht ausgestattet fühlte, gab es in jedem Raum einen W-Lan Router, ein Smartboard/Whiteboard mit Beamer, für 2 Klassen immer einen Satz Laptops sowie für jede Klasse ein Tablet. Die Nutzung von Computern wird den Kindern von Beginn an vermittelt. Auf den Umgang und der Nutzung von neuen Medien liegt ein hoher Stellenwert im Unterricht.

Die Schweden sind trotz des digitalen Zeitalters auch sehr Bedacht auf ihre Traditionen, deren Bewahrung auch in der Schule einen großen Stellenwert einnimmt.

Doch trotz der vielen positiven Eindrücke gab es auch ein paar Dinge, die aus unserer Sicht nicht so ganz unseren Vorstellungen entsprachen. Der Fokus liegt kaum mehr auf der Entwicklung einer ordentlichen Handschrift, da das Schreibenlernen am Computer scheinbar viel wichtiger erscheint. Auch die Führung eines ordentlichen Heftes war nur selten zu erkennen, da darauf auch nicht sehr viel Wert gelegt wurde. Mit der Pünktlichkeit nahmen es Schüler und Lehrer an dieser Schule auch nicht so genau. Vielleicht fielen uns diese Dinge besonders auf, da wir aufgrund unserer Mentalität einen großen Fokus auf der Vermittlung dieser Werte legen.

Abschließend kann ich sagen, dass ich sehr froh bin, die Chance erhalten zu haben, einen Einblick in das Schulleben und den Alltag der schwedischen Lehrer und Schüler bekommen zu haben. Unsere Eindrücke und konkreten Erkenntnisse werden wir bald dem Kollegium weitergeben.

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